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Diese Publikation ist Teil einer Serie.
Basierend auf der Datengrundlage von GovMind
GovTech in der öffentlichen Beschaffung:
Grosses PotenZial.
zu selten genutzt.
In dieser Publikation blicken wir auf einen Bereich, dessen Wirkung auf die Digitalisierung der Verwaltung greifbar ist: die öffentliche Beschaffung von GovTech. Die Wirkung ist deswegen so unmittelbar, da der öffentliche Sektor die beschafften GovTech-Lösungen aktiv nutzt und sich somit selbst digitalisiert.
Dieses Element repräsentiert eine Mrd. Euro Beschaffungsvolumen.
Die gesamte öffentliche Beschaffung liegt aktuell bei 350 Mrd. Euro.
Bund, Länder, Kommunen sowie öffentliche Unternehmen und Einrichtungen kaufen jährlich für über 350 Milliarden Euro Produkte und Dienstleistungen ein. Wie genau sich diese öffentlichen Beschaffungsaktivitäten entfalten, ist wenig transparent.
1,9 Mrd. Euro (0,5%) werden für GovTech-Produkte ausgegeben.
Für GovTech-Anbieter – KMUs und Startups, die seit dem Jahr 2000 gegründet wurden – sind die relevanten Umsatzzahlen aggregiert worden. So wurde errechnet, dass die öffentliche Hand im vergangenen Jahr knapp 1,9 Milliarden Euro für GovTech-Produkte ausgegeben hat. Das entspricht gerade einmal einem halben Prozent des gesamten Beschaffungsvolumens.
Das Gesamtpotenzial liegt bei 31,2 Mrd. Euro. 17× höher als heute.
Laut einer Studie aus dem Jahr 2016 im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums gibt es für die öffentliche Hand ein innovationsrelevantes Beschaffungsvolumen von 12 bis 15 Prozent des Gesamtvolumens. Das sind pro Jahr 42,0 bis 52,5 Milliarden Euro, also gemittelt 47,3 Milliarden Euro.
Rund zwei Drittel dieses Beschaffungsvolumens könnten von GovTech-Lösungen adressiert werden. Das Potenzial für GovTech in der öffentlichen Beschaffung in Deutschland liegt damit also zwischen 27,7 und 34,7 Milliarden Euro. Im Durchschnitt sind dies 31,2 Mrd. Euro – also das 17-fache des aktuellen GovTech-Einkaufsvolumens von Staat, Verwaltung und öffentlichen Unternehmen und Einrichtungen.
Warum ist DAS
relevant?
GovTech hat ein erhebliches Potenzial im öffentlichen Beschaffungswesen, das derzeit nur zu einem Bruchteil genutzt wird. Dadurch bleibt ein bedeutender strategischer Hebel zur Förderung der eigenen Digitalisierung der öffentlichen Hand weitgehend ungenutzt.
GovTech kann in allen Bereichen des öffentlichen Sektors eine Rolle spielen
Wo genau liegt das Potenzial für GovTech? Um diese Frage genau zu beantworten, wurde das Lösungsportfolio europäischer GovTech-Anbieter analysiert. Dabei wurden 5.114 verfügbare digitale und technologiebasierte Lösungen identifiziert.
Diese stehen dem öffentlichen Sektor direkt zur Implementierung und Nutzung zur Verfügung – und können damit erhebliche Vorteile gegenüber Eigen- und Individualentwicklungen haben, die mitunter teuer, zeitintensiv und risikobehaftet sind.
Die Lösungen verteilen sich dabei über das gesamte Aufgabenspektrum des öffentlichen Sektors. Zu beachten ist, dass in dieser Analyse der Verteidigungsbereich nicht berücksichtigt wird, der zusätzlich zu GovTech mit DefenseTech in ein weiteres, ganz eigenes Innovationsökosystem eingebunden ist.
Warum ist Das
relevant?
Das ungenutzte Potenzial von GovTech kann nicht mit einem Mangel an verfügbaren Angeboten erklärt werden. Die Herausforderung liegt vielmehr auf der Nachfrageseite, das heißt bei der öffentlichen Beschaffung.
Die europäische GovTech-Anbieterlandschaft: Innerhalb von 10 Jahren fast vervierfacht
Der Zeitverlauf zeigt: Die europäische GovTech-Anbieterlandschaft ist deutlich größer und vielfältiger als noch vor fünf oder zehn Jahren. Zwischen 2011 und 2021 hat sich die Zahl der Anbieter fast vervierfacht. Berücksichtigt wurden in der Analyse GovTech-Anbieter mit einem marktfähigen Produkt.
Aus diesem Grund endet die Analyse im Jahr 2021, da Anbieter, die nach diesem Zeitpunkt gegründet wurden, möglicherweise noch nicht über ein klares Produktportfolio verfügen und die Zahlenlage weniger aussagekräftig ist.
Warum ist DAS
relevant?
Öffentliche Auftraggeber sehen sich heute einer völlig anderen Anbieterlandschaft gegenüber als noch vor wenigen Jahren. Dies erfordert eine wesentlich bessere Marktkenntnis und Kompetenz, um technologie-basierte Lösungen und deren Einsatzpotenzial für die eigene Organisation zu bewerten.
GovTech-Anbieter sind überall dort, wo Verwaltung ist
Zwar gibt es auch bei GovTech regionale Zentren, die in aller Regel mit Hauptstädten und weiteren großen Städten zusammenfallen. Ersichtlich ist aber auch, dass sich GovTech-Anbieter ähnlich einer mittelständischen Wirtschaftsstruktur über den europäischen Kontinent verteilen. Die Voraussetzungen für einen europäischen GovTech-Binnenmarkt wären geschaffen – zumindest was die Anbieterseite betrifft.
Warum ist dies
relevant?
Die regionale Verteilung der GovTech-Anbieter bedeutet eine gewisse Komplexität für öffentliche Auftraggeber, um passende Anbieter zu finden. Sie bietet jedoch gleichzeitig Potenzial für regionale Zusammenarbeit und Netzwerke, von denen alle profitieren können
Ron de Jonge
Ron de Jonge Operating Officer Sopra Steria
Ron de Jonge
Partner und Operating Officer Sopra Steria
Wir müssen jetzt die Voraussetzungen schaffen, damit strategische Hebel in der öffentlichen Beschaffung bewusst genutzt werden. Dazu gehört, dass Behördenleitende zukünftig vermehrt intraunternehmerische Fähigkeiten bei ihren eigenen Mitarbeitenden fordern und fördern. Nur so kann kurz und langfristig die Kompetenz aufgebaut werden, die richtigen GovTech-Anbieter auszuwählen und zu implementieren.
Voraussetzung ist, Mitarbeitenden den Raum zu geben, Ideen selbstbestimmt einbringen zu können. Zumindest dort, wo es möglich und nötig ist.
Wir müssen jetzt Formate und Strukturen schaffen, die Mitarbeitende ermutigen, Neues zu probieren, Denn nur, wenn sie ihr Metier verstehen, können sie es in Zukunft auch effektiv verändern.
Darius Selke
Head of Ventures Germany Sopra Steria
Darius Selke
Head of SoPRA STERIA
VENTURES DEUTSCHLAND
Partnerschaften des öffentlichen Sektors mit externen GovTech-Innovatoren, insbesondere Startups, sind der Schlüssel zur effektiven und nachhaltigen Digitalisierung. In den letzten Jahren haben sich Wissen, Methoden und Lösungen rapide weiterentwickelt. Jetzt ist es an der Zeit, Jungunternehmen als strategische Ressource zu nutzen.
In diesem Zusammenspiel liegt zweifellos die größte Chance für eine effektive Erneuerung des Staatsapparats. Startups müssen auf langfristige Partnerschaften vorbereitet und ihre Implementierung wirklich zu Ende gedacht werden. Denn bei der Transformation geht es nicht nur um Technologie — es geht um einen grundlegenden Wandel im Denken und Handeln.
Manuel Kilian
CEO GovMind
Manuel Kilian
CEO GovMind
Diese initialen Ergebnisse zeigen, dass wir in Deutschland mit Blick auf die Verwaltungsdigitalisierung anders denken und handeln müssen. Wir müssen den Fokus viel stärker auf die 30.000 Vergabestellen lenken, in denen in Deutschland tatsächliche Entscheidungen über den Einsatz von GovTech-Lösungen getroffen werden – oder aber, oftmals unbewusst, dagegen.
Hier liegt ein ungenutztes Potenzial von mehr als 30 Milliarden Euro pro Jahr, das für eine GovTech-offene und zukunftsorientierte öffentliche Beschaffung genutzt werden kann.
Es besteht jetzt ein Zeitfenster von einigen Jahren, um das große GovTech-Angebot in eine tatsächliche Nachfrage umzuwandeln und den öffentlichen Sektor zu modernisieren, auch mit Blick auf Anforderungen der Nachhaltigkeit und die bevorstehende Pensionierungswelle im öffentlichen Dienst.
Um das Potenzial von GovTech in der Beschaffung besser auszuschöpfen, müssen wir den Vergabestellen systematisch Wissen rund um GovTech-Lösungen bereitstellen – genau dies tun wir mit unserer Rechercheplattform MIRA. Zusätzlich sollten öffentliche Vergabeordnungen innovationsoffener gestaltet werden, wie jüngst im Bundesland Hamburg geschehen.
- Vergabestellen systematisch Wissen rund um GovTech-Lösungen bereitstellen – dies ist mit unserer Rechercheplattform MIRA bereits heute möglich und wird immer häufiger genutzt.
- Öffentliche Vergabeordnungen innovationsoffener gestalten, wie jüngst im Bundesland Hamburg geschehen.
- Öffentliche Beschaffung strategischer auf die Themen Innovation und Nachhaltigkeit ausrichten, um GovTech-Lösungen stärker in den Fokus zu rücken.
Venture Insights
Up To Date
Diese Publikation ist die erste Ausgabe der Venture Insights Serie — einem neuen Format von Sopra Steria Ventures Deutschland. Gemeinsam mit unseren Innovationspartnern blicken wir regelmäßig auf verschiedene Industrien und untersuchen relevante Erkenntnisse in Co-Creation.